EINLEITUNG

Hochbunker Kevelaerer Straße

Dieser unscheinbare Bau inmitten eines Wohngebiets in Nippes ist den Kölnern vor allem durch seine spätere Nutzung als Reitsportgeschäft bekannt. Allerdings deutet die Entstehungsgeschichte des Bunkers auf eine besonders grausame Auswirkung des NS-Regimes hin: den wahnhaften Antisemitismus. Wie viele andere Hochbunker erfolgte in den Nachkriegsjahren eine Entfestigung und Nutzbarmachung für vielfältige zivile Zwecke.

Dokumentation Hochbunker Kevelaerer Straße, Köln
Abb.01: Blick auf Längstseite im Jahr 2009.
Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln
Abb.02: Vogelschau auf den Hochbunker, 2020.
GESCHICHTE

Bau bis 1945

Das Grundstück, auf dem der Hochbunker errichtet wurde, gehörte dem Österreicher Robert Feix. Dieser war Eigentümer der damals dort ansässigen Geliermittel-Firma Opekta, und passte als "Halbjude" nicht in die vom Rassenwahn geblendete NS-„Volksgemeinschaft“. Er wurde daher von den Nationalsozialisten in das KZ Dachau verschleppt. Auf seinem Firmengelände entstand der Luftschutzbunker, der 1942 fertiggestellt wurde. Dieser öffentliche Schutzbau wurde vom Architekten A. Wagner entworfen und hatte neben der passiven Schutzfunktion auf dem Dach des vorgesetzten Bauteils eine Flakstellung (Flak = Flugabwehrkanone) eingerichtet. Hierzu war das Dach mit einer Betonmauer gegen Absturz und Splitterwirkung versehen worden. Inwieweit das leichte Flakgeschütz im Krieg zum Schutz der ca. 1.900 Zivilisten beigetragen oder vielmehr die gegnerischen Angriffe auf sich gezogen hat, ist nicht überliefert.

ARCHITEKTUR

BAUBESCHREIBUNG

Langrechteckiger Baukörper mit vorgesetztem Kubus, der dem Grundriss eine L-Form verleiht. Das Gebäude ist zweigeschossig zuzüglich Keller und verfügte ursprünglich über ein Flachdach, das nach dem Krieg durch ein Mansardgiebeldach ersetzt wurde. Der Bunker hatte vier Eingänge mit Gasschleusen, davon zwei an der hinteren Stirnseite des schmaleren Baukörpers, einer befand sich an der heutigen Gebäudefront rechts und einer an der gegenüberliegenden Seite im Winkel zum langen Gebäudeteil. Im Kellergeschoss waren Toiletten und Waschräume nahe der Treppenabgänge, die zu den Eingängen an der hinteren Stirnseite führten. Über einen langgezogenen Gang erreichte man die abteilartigen Schutzräume rechts und links. Diese Aufteilung gilt im Wesentlichen auch für die darüber liegenden Geschosse.

Im Keller befand sich zudem noch die Lüftungsanlage und vermutlich sonstige technische Einrichtungen. Der vorgelagerte Kubus hatte ein eigenes Treppenhaus und verfügte über größere Räume, deren Funktion bisher nicht geklärt ist. Auf dem Dach befand sich ein Lüftungsschacht und eine umlaufende Betonmauer.

FRIEDENSZEIT

Nachkriegsnutzung

Zunächst wurde der Bunker u.a. als Lagerraum eines Buchdiscounters und eines Elektrohändlers aus Nippes genutzt. Die Firma Opekta, deren Eigentümer Feix das KZ Dachau überlebte, richtete 1959 an den Bund, der nach dem Krieg Eigentümer des auf dem Firmengrundstück Grundstück errichteten Hochbunkers wurde, eine Kaufanfrage. Der Bund hatte zwischenzeitlich bereits Untersuchungen durchgeführt ob das Schutzbauwerk baulich den Gefahren eines neuen Krieges standhalten würde.

Die ersten schutzbautechnischen Richtlinien nach dem Krieg sahen noch sehr hohe bauliche Schutzanforderungen vor, weshalb dem Hochbunker in der Kevelaerer Straße aufgrund seiner starken Entfestigung zunächst keine Eignung als Schutzbauwerk für einen zukünftigen Krieg zugesprochen wurde. Da der Bund sich jedoch trotzdem die Möglichkeit einer Wiederverwendung als Schutzbauwerk nicht vollständig nehmen lassen wollte, wurde das Kaufangebot letztendlich ausgeschlagen. Und tatsächlich wurde der Bunker bereits wenige Jahre später aufgrund neuer, wesentlich geringerer Schutzanforderungen an zukünftige Schutzbauwerke - dem sogenannten Grundschutz - neben vielen anderen Hoch- und Tiefbunkern in Köln in die Planung für eine spätere Instandsetzung im Rahmen des Vorabprogrammes aufgenommen.

Eine Instandsetzung mit geplanten 1.894 Schutzplätzen wurde jedoch nicht realisiert. Vermutlich aufgrund der geringen Wirtschaftlichkeit einer Instandsetzung des Bunkers aufgrund des hohen Entfestigungsgrades mit über 50 eingesprengten Fensteröffnungen, wurde die Anlage am 22.12.1972 endgültig durch das Bundesinnenministerium aus der Zivilschutzbindung entlassen.

Anfang der 1980er Jahre kaufte Horst-Dieter Beyer, bekannter Kölner Pferdezüchter und Reitsportlegende, den Bunker. Beyer, auch als HODIBE bekannt, verriet 2018 in einem Zeitungsbericht, dass ihm bereits seit seinen Kindheitstagen enge Erfahrungen mit dem Luftschutzbunker in der Kevelaerer Straße verbanden. Er war in Riehl aufgewachsen und wie viele seiner Altersgenossen dieser Zeit in der Hitler-Jugend gewesen. Dabei half er den Luftwaffensoldaten dabei, die Munition für die leichte Flak, die sich auf dem Dach des Hochbunkers befand, nach oben zu transportieren.

Nach dem Erwerb des Bunkers 1983 richtete er zunächst Pferdestallungen im Erdgeschoss und seine eigene Wohnung sowie weitere Ein-Zimmer-Wohnungen im Obergeschoss ein. Ab etwa 1985 eröffnete er ein Geschäft für Reitsportbedarf. Nach seinem Tod im Oktober 2019 wird der Verkauf der Reitausrüstung bis heute unter dem Namen HODIBE im Bunker weitergeführt.

Quellen

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Textvorlage Andras Altena
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