Luftkrieg in Köln

Der Luftkrieg begann in Köln erst nach der Kriegserklärung der Briten und Franzosen am 3. September 1939 mit einem irrtümlich ausgelösten Alarm am Folgetag, der wahrscheinlich auf Nervosität des Flugmeldedienstes zurückzuführen ist. In den frühen Morgenstunden des 5. September 1939 wurde erneut Fliegeralarm ausgelöst. Diesmal kamen tatsächlich mehrere Bomber, die allerdings nur Propaganda-Flugblätter der britischen Regierung abwarfen. Ansonsten blieb der Krieg im Westen wie am Boden auch in der Luft bis Mai 1940 ungewöhnlich ruhig.

 

„Tausend-Bomber-Angriff“ am 31. Mai 1942

Ab dem Beginn des „Westfeldzugs“ im Mai 1940 gab es im Kölner Raum Luftangriffe der Royal Air Force (RAF) auf größere Industriebetriebe und die Rheinbrücken mit relativ geringer Bombenlast, deshalb waren die Auswirkungen im Vergleich zu den späteren Angriffen noch unbedeutend. Im Jahr 1941 wurde Köln mit 60 Angriffen zu einer der bevorzugten Zielstädte der RAF, nicht zuletzt wegen der relativ kurzen Flugstrecke und weil die Domstadt am Rhein in klaren Nächten gut zu finden war. Die Anzahl der Bomber bewegte sich in dieser Phase des Luftkriegs zumeist zwischen zehn bis fünfzehn, manchmal bis 40 Flugzeuge pro Angriff, wobei sich die abgeworfene Bombenlast bei den Offensiven im Frühjahr 1942 bereits steigerte. Umso schwerwiegender traf die Stadt der „Tausend-Bomber-Angriff“ in der Nacht zum Sonntag am 31. Mai 1942. Diese Offensive war von der RAF unter Aufbietung aller Kräfte mit allen verfügbaren Bombern, Ausbildungsflugzeugen, Transportern usw. organisiert worden, um erstmals einen schweren militärischen Schlag gegen Nazi-Deutschland auszuführen und gegenüber der Sowjetunion als neuem Verbündeten den Vorwurf der Un-tätigkeit zu entkräften. Hierbei kam auch die neue Strategie des Luftmarschalls Arthur Harris des „Moral Bombing“ zum Tragen, nach der nicht nur industrielle und militärische Ziele, sondern auch Wohngebiete in Flächenbombardements getroffen werden sollten, um die Unterstützung der Bevölkerung für das NS-Regime zu erschüttern.

Der nächtliche Angriff traf gleichermaßen die Innenstadt und u.a. die Stadtteile Bayenthal, Zollstock, Sülz, Braunsfeld, Ehrenfeld sowie rechtsrheinisch u.a. Deutz, Kalk und Mülheim. Über 500 Brände waren vom Selbstschutz und regulären Feuerlöschkräften des SHD (Sicherheits- und Hilfsdienst) kaum mehr unter Kontrolle zu bringen. Gemessen an Größe und Aufwand des Bombenangriffs war die Anzahl der Todesopfer mit 469 noch recht gering. Allerdings waren davon 248, also mehr als die Hälfte, in Schutzräumen getötet worden. Diese waren oft als behelfsmäßige Luftschutzkeller eingerichtet und boten kaum Schutz vor nahen Treffern von großen Sprengbomben oder Luftminen. Darüber hinaus kamen über 5.000 Menschen körperlich zu Schaden, davon die Mehrzahl mit 3.114 Verletzten außerhalb der Luftschutzräume. Der Angriff zeigte somit deutlich, wie notwendig der Bau von bombensicheren Bunkern war. Nach diesem Großangriff kam die Kölner Bevölkerung kaum mehr zur Ruhe, auch wenn die Anzahl der weiteren Luftschläge im Jahr 1942 mit insgesamt 20 unter dem Vor- und den Folgejahren blieb. Bis März 1945 wurde über tausendmal Alarm ausgelöst. Auch diese Alarme - bis 1944 zumeist nachts - durch Über- und Rückflüge der Bomberströme von anderen Zielen rissen die Menschen jedes Mal aus dem Schlaf und führten ihnen vor Augen, dass der von Deutschland ausgegangene Krieg bei ihnen zuhause angekommen war.

 

„Peter- und Paul-Angriff“ am 29. Juni 1943

Die Intensität der britischen Luftoffensiven steigerte sich 1943 mit dem verstärkten Einsatz von Sprengbomben und schweren Luftminen sowie von bis zu 300 viermotorigen Flugzeugen. Köln erlitt in diesem Jahr 39 Bombenangriffe, davon acht schwere wie den verheerenden Großangriff am 29. Juni 1943 mit über 4.000 Toten und ca. 230.000 Obdachlosen, von denen der größte Teil ausquartiert wurde. Kurz darauf am 4. und 9. Juli, als die Aufräumarbeiten im Gange waren, erfolgten weitere Luftschläge mit insgesamt über 1.000 Toten und weiteren Ausquartierungen von ca. 120.000 Menschen. Der Angriff am 29. Juni, nach dem katholischen Hochfest „Peter- und Paul-Angriff“ genannt, war in seiner Zerstörungskraft wesentlich intensiver als der Tausend-Bomber-Angriff vom Vorjahr. Da die Bomber in mehreren Wellen aus verschiedenen Richtungen einflogen und eine große Zahl von Sprengbomben und Brandbomben zur Entfachung von Flächenbränden abwarfen, erstreckte sich das Zerstörungsgebiet über nahezu die ganze Stadt.

 

Letzte Angriffe und Kriegsende

Das Jahr 1944 brachte nach der erfolgreichen alliierten Landung in Frankreich das Heranrücken der Front im Westen und damit eine qualitative und zahlenmäßige Steigerung der Luftangriffe. Unter den 88 Angriffen waren auch einige der schwersten dieses Krieges mit über 1.000 Bombern. Vor allem im Oktober flogen sowohl amerikanische als auch britische Verbände beinahe täglich in größeren Verbänden ein, an manchen Tagen sogar mehrmals. Allein in diesem Monat hatte die Domstadt ca. 2.000 Tote zu beklagen und die bereits zuvor deutlich geschrumpfte Bevölkerungszahl nahm weiter durch Verschickung in ländliche Gebiete von 445.000 auf 254.000 ab. Zur Jahreswende und bis zum Einmarsch der US-Truppen verringerte sich die Zahl der Angriffe auf 15, wobei die alliierten Luftwaffen-Befehlshaber nun auch darauf verzichteten, die steinerne Trümmerwüste am Rhein noch mit Brandbomben zu belegen. Es wurden nun vermehrt Sprengbomben auf militärisch wichtige Ziele wie Bahnhöfe und die Rheinbrücken geworfen, um die Eroberung der Stadt vorzubereiten. Daneben nahmen die Angriffe von Tieffliegern mit Bomben und Bordkanonen, auch auf „bewegliche“ Ziele (d.h. Personen) zu. Am 2. März 1945 erfolgte der letzte große Luftschlag amerikanischer Bomber im Vorfeld des Einmarschs der Bodentruppen.

Am 6. März 1945 war der Luftkrieg für die linksrheinischen Stadtteile vorbei, jedoch wurde noch über Wochen vom deutsch besetzten Ostufer des Rheins mit Artillerie in die Stadt geschossen. Erst mit dem Zusammenbruch des Ruhrkessels, dessen westlicher Rand die rechtsrheinischen Kölner Stadtteile einschloss, endete auch dort der Krieg Mitte April 1945. Bis dahin waren ca. 20.000 Kölner den Bomben zum Opfer gefallen, ca. 40.000 waren verletzt worden. Indessen waren im gleichen Zeitraum ca. 11.000 jüdische Kölner im Zuge der NS-Vernichtungspolitik ermordet worden. Das ganze Land und ein Großteil seiner Bevölkerung lagen am 8. Mai 1945 physisch zerstört und moralisch erledigt am Boden. (© Andreas Altena)

 

Text: Andreas Altena
Version: 1.0 (Aug. 2020)

Quellen

  • - Zu den Ursachen und Abläufen des Luftkrieges sei auf die umfangreiche Literatur verwiesen, u.a.: Friedrich, J.: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940 – 1945, München 2002, Süß, D.: Tod aus der Luft. Kriegsgesellschaft und Luftkrieg in Deutschland und England, Mün-chen 2011, Lang, J. von: Krieg der Bomber – Dokumentation einer deutschen Katastrophe, Frankfurt/Main 1988.
  • - Simon, Peter (Bearb.): Köln im Luftkrieg 1939-1945 : ein Tatsachenbericht über Fliegeralarme und Fliegerangriffe, S. 88.
  • - Rüther (Bearb.)/NS-Dokumentationszentrum (Hrsg.): Köln, 31. Mai 1942. Der 1000-Bomber-Angriff, S. 23f.
  • - Klein, Adolf, Köln im Dritten Reich. Stadtgeschichte der Jahre 1933 – 1945, Köln 1983, S. 275, 280.
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