EINLEITUNG

Hochbunker Marktstraße

Einer der wenigen gebauten „Kirchenbunker“ liegt im Stadtteil Raderberg am Gelände des Großmarkts. Sein charakteristisches Erscheinungsbild und der weitgehend originale Zustand der Innenräume unterstreichen die Denkmalwürdigkeit des Hochbunkers, der seit 01.07.1980 in die Denkmalliste der Stadt Köln eingetragen ist. Erfreulicherweise kann das Bauwerk seit 2018 mit Unterstützung des dort ansässigen Schützenvereins Köln-Bayenthal e.V. regelmäßig im Rahmen von öffentlichen Führungen der CRIFA besichtigt werden.

Dokumentation Hochbunker Marktstraße, Köln
Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln
GESCHICHTE

Bau bis 1945

In unmittelbarer Nähe zum 1940 fertiggestellten Großmarkt, der übrigens über eigene großflächige Schutzräume verfügte, entstand im Jahr 1942 der Hochbunker Marktstraße/Kluckstraße. Der Bunker bot als öffentlicher Luftschutzraum bis zu 2.040 Anwohnern und Passanten Schutz vor Bombenangriffen und war mit Abteilen für Familien/Hausgemeinschaften, Toiletten und Waschräumen sowie eigener Wasser-, Luft- und Energieversorgung ausgestattet.

Der Architekt Hans Schumacher (zur Person siehe unter Hochbunker Bodestraße) entwarf dieses Bauwerk in der Form des sogenannten Kirchenbunkers, wie auch die Bunker Berliner Straße (Mülheim) und Helenenwallstraße (Deutz). Charakteristisch für den Kirchenbunker ist v. a. der giebelseitig aufragende Turm mit Dachlaterne. Dieser Bautyp entstand sonst nur noch in Düsseldorf und stellt somit eine Besonderheit im Rheinland dar. Wie bei allen Hochbunkern ist das Motiv dieser Ausgestaltung vornehmlich in der optischen Integration in die Umgebung zu suchen. Dabei ging es mehr um städtebauliche Aspekte und weniger um Tarnzwecke, da nach Beginn des Bombenkriegs schnell klar wurde, dass Angriffe der Royal Air Force stets nachts und ungezielt stattfanden. Auch gab es keinerlei Direktiven der Kriegsgegner, bestimmte Bauwerke wie Sakralbauten zu schonen. Aus welchen Gründen vereinzelte Bunker in dieser, dem Nationalsozialismus fernliegenden sakralen Bauform ausgeführt wurden, bleibt derzeit eine interessante Forschungsfrage.

ARCHITEKTUR

BAUBESCHREIBUNG

Langrechteckiger Kubus mit Sattel-Flachdach, in den Baukörper integriertem Turm und vier Portalvorbauten mit splittergeschützten Eingängen/Gasschleusen. Der an der südlichen Stirnseite liegende Turm diente als Abluftkamin und fußt im Tiefkeller, in dem sich die Technikräume befinden. Das Gebäude hat zwei Geschosse zuzüglich Keller und zwei weiteren Tiefkellern unter dem südlichen Teil. Die Wandstärke ist mit 1,25 Meter etwas stärker als bei den meisten anderen Bunkern (1,10 Meter) und beträgt unter Erdgleiche 1,80 Meter. Die Stärke der Decke beträgt 1,40 Meter bei einer Traufhöhe von 11 Metern. Auf das Bunkerdach aufgesetzt ist ein flaches Satteldach mit noch zwei erhaltenen Gauben, die südliche Hälfte des Dachs ist nicht mehr vorhanden.

Unter dem Dach befinden sich zwei geschützte Öffnungen für Zu- und Abluft. Die Lüftungsöffnungen an der Fassade (für die „passive“ Belüftung) sollten fensterartig verblendet werden, sobald die Baustoffversorgungslage eine Fassadenverschönerung zugelassen hätte. Zwei Treppenhäuser an den Stirnseiten in der Nähe der Eingänge verbinden die Etagen und im Keller führt eine mit Gasschutztüre abgetrennte Treppe in die beiden Technik-Tiefkeller. Auf allen drei Etagen befanden sich insgesamt 89 Schutzraumabteile mit zumeist zwei dreistöckigen Hochbetten und einer Sitzbank. Es gab auf jeder Etage jeweils einen Toiletten- und Waschraum getrennt für Frauen und Männer, vier davon sind heute noch im Originalzustand zu besichtigen. Auch Küchenräume mit Waschbecken und Kochstelle sind noch identifizierbar. Die Schutzräume im ersten Stock und im Keller sind noch erhalten.

Im rechtsseitigen Tiefkeller rechts fußt der große Abluftkamin, dort befinden sich neben Lüftungsrohren und Wasserdruckbehältern zwei Brunnen und ein großer Lüfter. Der hintere Raum beherbergt die Sicherungskästen und Elektroverteilung sowie das Notstromaggregat, wobei der Dieselmotor nach dem Krieg entfernt wurde. Im linken Tiefkeller ist der heute mit Schutt verfüllte Heizungsraum mit zwei Kesseln. Die Treppe führt dort weiter in den untersten Tiefkeller, in dem die Schutzbelüftungsanlage installiert ist. Diese bestand ursprünglich aus einem Luftförderer mit Raumfilter R10 und neun Membranpumpenlüftern Typ Auer MR 2400 (Kapazität 2400l/min), von denen jeweils drei an einen elektrisch betriebenen Luftförderer gekoppelt waren. Bei Stromausfall war auch Handbetrieb möglich. Bei zwei seitlichen Nebenräumen ist die Funktion derzeit unbekannt.

FRIEDENSZEIT

Nachkriegsnutzung

Seit Kriegsende 1945 diente der Bunker als Notunterkunft und galt aufgrund der hygienischen und sozialen Verhältnisse als der „schlimmste aller Bunker“ (Kölnische Rundschau vom 28.11.1952). Es lebten dort zu Ende 1952 noch 86 Familien mit 163 Kindern. Diese mussten die sechs vorhandenen Gemeinschaftswasch- und Toilettenräume nutzen und kochten auf zwei Kohleöfen, wobei offenbar keine Belüftung des Bunkers mehr möglich war. Die Stadtverwaltung bemühte sich Anfang der 1950er neuen Wohnraum zu schaffen, um die ca. 1.850 Bewohner von neun Bunkern (1954) menschenwürdig unterbringen zu können.

Die Schließung des Hochbunkers Marktstraße gelang erst 1953 und erst 1956 konnte der letzte Kölner „Wohn“-Bunker geräumt werden. In den 1960er Jahren wurden die Räume des einstigen Schutzbaus als Lager einer Möbelfirma verwendet. Eine neue Nutzung für den Zivilschutz war im Rahmen des „Sofortprogramms“ 1963/64 für einen kurzfristigen Aufenthalt von ca. 2.500 Personen vorgesehen. Die weitere Instandsetzung im „Vorabprogramm“ wurde am 24.08.1988 beantragt, jedoch vom Bundesinnenministerium zurückgestellt und danach nicht mehr realisiert. Im Jahr 1994 wurden durch Erlass des Bundesinnenministers alle nicht mehr instandgesetzte Schutzbauten im Eigentum des Bundes aus der Zivilschutzbindung entlassen.

So konnte der Schützenverein Köln-Bayenthal e.V. ab 1997 den Bunker pachten und das Erdgeschoss zum Vereinsheim mit Schießbahn umbauen. Einige Schutzraumabteile werden bis heute als Lagerräume genutzt. Seit dem Jahr 2018 finden in Zusammenarbeit von CRIFA und dem Schützenverein Köln-Bayenthal e.V. regelmäßig öffentliche und kostenlose Führungen durch das Bauwerk statt, bei denen neben den baulichen und technischen Gegebenheiten auch die geschichtliche Einordnung in die Zusammenhänge des vom NS-Regime entfachten Zweiten Weltkriegs nicht fehlt.

Quellen

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