EINLEITUNG

Hochbunker Domstraße

Der unmittelbar am Kölner Hauptbahnhof gelegene Hochbunker in der Domstraße ist heute als solcher nicht direkt erkennbar. Und doch existiert dieser durch den bekannten Kölner Architekten Wilhelm Riphahn errichtete Hochbunker auch heute noch. Die heutige überwiegende Nutzung als Parkgarage, ist der damaligen Weitsicht Riphahns zu verdanken, der den Bunker bereits so konzipierte, dass dieser in späteren Friedenszeiten als Parkgarage genutzt werden konnte. Diese Doppelfunktion unterscheidet den Hochbunker in der Domstraße von allen anderen Kölner Bunkern. Und eine weitere Besonderheit unterstreicht das Alleinstellungsmerkmal dieses zentral gelegenen und doch den meisten unbekannten Luftschutzbauwerkes.

Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln
Abb.HD.01: „Hinter dieser Glasfassade verbirgt sich ein Hochbunker“ (Foto: Robert Schwienbacher,2020)
Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln
Abb. HD.02: „Ehemalige Dom-Garage im Hochbunker“ (Quelle: Parkhaus am Dom muß schließen; Express, 30.11.1965)

Wer heute mit dem Zug oder der U-Bahn am Kölner Hauptbahnhof anreist und den Bahnhof zum Breslauer Platz hin verlässt, wird von einem Hochbunker an dieser Bahnhofsseite vermutlich nichts wissen. Lange Zeit war das jedoch anders und die Innenstadt an dieser prominenten Stelle durch ein markantes in den Augen vieler Betrachter unansehnliches Luftschutzbauwerk geprägt. Nicht selten war die Rede von einem „Schandfleck“. Heute versteckt sich dieser einstige „Schandfleck“ hinter einer schicken großflächigen vollverspiegelten Glasfassade und weder seine Existenz, noch seine bewegte Geschichte werden der Mehrzahl der eilig vorbeihastenden Reisenden oder Berufspendler vermutlich bekannt sein.

Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln
Abb.: HD.03: „Grundrisspläne und Schnittzeichnungen für die Entfestigung des Hochbunkers Domstraße“ (Quelle: HAStK Bst. 713B, A85 - ohne Datum)
GESCHICHTE

Geschichte bis 1945

Der 1942 fertiggestellte Hochbunker an der Domstraße wurde von keinem geringeren als dem Architekten Wilhelm Riphahn geplant. Riphahn, der bereits vor den 2. Weltkrieg den Kölner Siedlungsbau prägte und einige noch heute prägnante Bauwerke wie die Bastei am Rheinufer entwarf, war nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich am Wiederaufbau der Kölner Innenstadt beteiligt. So schuf er unter anderem weitere bedeutende Bauwerke wie die Kölner Oper sowie zahlreiche repräsentative Gebäude der Verwaltung, der Wirtschaft sowie der Kultur.

Der Hochbunker an der Domstraße, der mit ca. 4.350/4.800* vorgesehenen Schutzplätzen der größte öffentliche Luftschutzbunker Kölns war, wurde von Riphahn vorausschauend bereits für eine spätere Nutzung in Friedenszeiten als Hochgarage konzipiert. Hierfür konstruierte Riphahn geschickt die Zugänge und die Verbindungen der einzelnen Etagen des Luftschutzbauwerkes so, dass sie durch nur geringe kleinere Umbauten auch mit Fahrzeugen passierbar waren.

Diese Kombination war nicht nur in Anbetracht des an einem innerstädtischen Verkehrskontenpunktes wie dem Kölner Hauptbahnhof bestehenden Bedarfes an Parkraum sinnvoll, sondern aufgrund des sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelnden Booms des motorisierten Individualverkehrs richtungsweisend. So wundert es nicht, dass nach dem Zweiten Weltkrieg dank Riphahns Vorausschau ohne größere bauliche Veränderungen ab 1951 in dem Hochbunker an der Domstraße das öffentliche Parkhaus „Dom-Garage“ in Betrieb ging.

ARCHITEKTUR

BAUBESCHREIBUNG

Der Hochbunker wurde im Zweiten Weltkrieg äußerlich schlicht als Kubus mit Flachdach auf einer Grundfläche von 38,40 m x 28,60 m und mit einer Gebäudehöhe von 16,85 m errichtet. Die für eine spätere Nutzung als Parkgarage konstruierten Schrägrampen verbanden das Erdgeschoß mit anderthalb Kellergeschossen sowie vier Obergeschossen. Zum Schutz gegen Bomben, Splittereinwirkungen und Druckwellen wurde die Decke des Luftschutzbauwerkes aus 1,40 m starkem stahlarmierten Beton hergestellt. Die Außenwände waren 1,10 m stark bzw. unter erdgleiche aufgrund möglicher zusätzlicher Drucklasten durch Erdverschiebungen sogar 1,80 m stark.

Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln
Abb. HD.04:

Die sehr hohe Anzahl von 17 Personenschleusen für den geschützten Zugang in den Bunker ist sicherlich zum einen der hohen vorgesehenen Schutzplatzzahl von 4.350/4.800* Schutzplätzen zuzurechnen, zum anderen aber möglicherweise auch der Annahme geschuldet, dass eine nicht unerhebliche Anzahl an Schutzsuchenden Reisende waren, die erst unmittelbar vor einem Angriff bei Luftalarm innerhalb kürzester Zeit gleichzeitig in den Luftschutzbunker gelangen sollten.

Diesem besonderen Thema widmet sich unsere Spezialseite "Der unterirdische Gang".

Eine noch heute nicht vollständig geklärte Tatsche ist die Existenz eines unteririschen Verbindungsgangs vom Empfangsgebäude des Kölner Hauptbahnhofes in den Keller des Hochbunkers in der Domstraße, über dessen Vorhandensein bereits wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch wenig bekannt war

Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln
FRIEDENSZEIT

Nachkriegsnutzung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Hochbunker in der Domstraße wie die meisten Kölner Hochbunker auf Anordnung der Alliierten Militärregierung vom 21.07.1948 zwischen den Jahren 1948 und 1950 entfestigt. Hierfür sollten mindestens 15% der Außenwandfläche geöffnet werden. Der Hochbunker wurde durch das Einsprengen von 12 Längsfenstern mit einer Höhe von jeweils 12 m entfestigt. Ab 1951 wurde das Bauwerk bis zur dritten Etage aufgrund seiner bereits durch den Architekten Riphahn beim Bau vorgesehenen Zweitverwendung nach nur geringen Umbaumaßnahmen als „Dom-Garage“ für das Einstellen von privaten Fahrzeugen genutzt. In der vierten Etage lagerte die damalige Stadtkonservatorin Dr. Hannah Adenauer ihre schützenswerten Funde. Das Kellergeschoss wurde zeitweilig durch die Stadt Köln als Lager für Luftschutzgerät genutzt

Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln

Bereits ab 1957 zeigte die Eigentümerin des Bunkers in der Domstraße, die Bundesrepublik, verstärkt Interesse an einer Wiederverwendung des Bauwerkes als Luftschutzbunker. Der Kalte Krieg hatte sich deutlich zugespitzt und die zukünftige erneute Notwendigkeit von Bunkeranlagen für die Bevölkerung wurde nicht mehr ausgeschlossen. Ein Rechtsbeschluss sicherte den privaten Weiterbetrieb der Dom-Garage jedoch noch bis Ende des Jahres 1965, danach übernahm der Bund die Nutzung Bauwerkes.

Nach §14 des Schutzbaugesetztes vom 09.09.1965 hatte der Bund die Instandsetzung des Hochbunkers im sogenannten Vorabprogramm mit bis zu 4.200 Schutzplätzen vorgesehen. Alternativplangen sahen später nur noch die Nutzung des Kellergeschosses als modernisierten Schutzraum mit bis zu 750 Schutzplätzen vor. Die Stadt Köln prüfte in den 1970er Jahren auch mehrfach die Möglichkeit eines Abrisses des wenig ansehnlichen Schutzbauwerkes in prominenter Lage. Hierfür hätte die Stadt dem Bund jedoch Ersatzschutzplätze bieten müssen, weshalb auch die Errichtung einer modernen Mehrzweckanlage (Kombination aus Verkehrsbauwerk im Frieden und Schutzbauwerk im Krieg) in Form einer Tiefgarage oder U-Bahnstation im Bahnhofsumfeld zeitweilig angedacht war./p>

Unter anderem aufgrund des hohen Entfestigungsgrades mit seinen 12 m hohen durchgehenden Wandöffnungen und den damit verbundenen hohen Wiederherrichtungskosten, tat sich in Sachen Instandsetzung am Hochbunker Domstraße zunächst nichts. Bis in die 1970er Jahre diente der Hochbunker anfänglich als Lager für Ausrüstungsgegenstände des damaligen bundeseigenen Luftschutzhilfsdienstes (LSHD) und danach als Lager für den Erweiterten Katastrophenschutz.

Der Unmut über das äußerliche Erscheinungsbild des ehemaligen Weltkriegsbunkers an der Domstraße wurden im Laufe der Nachkriegszeit immer lauter. In der Presse war unter anderem vom „schäbigen Betonklotz“, „Schandfleck“ oder einer „Verunstaltung des Stadtbildes“ die Rede. 1970 konnte sich die Stadt Köln schließlich dazu durchringen dem unentgeltlich arbeitenden Künstler Wido Buller und seinen freiwilligen Helfern ein Baugerüst und Farbe zu stellen. Der Bunker präsentierte sich fortan den Reisenden des Kölner Hauptbahnhofes in einem bunten Farbanstrich.

Dokumentation Hochbunker Domstraße, Köln

Die Raiffeisen-Waren-Zentrale (RWZ), versuchte als unmittelbarer Nachbar bereits seit 1960 den Hochbunker in der Domstraße käuflich zu erwerben. Aufgrund des geringen Parkplatzangebotes im Bahnhofsumfeld war sie sowohl an der Möglichkeit den Bunker als Firmengarage zu nutzen interessiert, als auch an einer Aufstockung des Bauwerkes um weitere Etagen für eine Büronutzung. Doch erst als der Bund sich 1985 endgültig von seinen Plänen einer Instandsetzung des Bunkers zu einem modernen Schutzbau durch eine Entlassung aus der sogenannten „Zivilschutzbindung“ verabschiedete, war der Weg fast ein Viertel Jahrhundert nach dem ersten Kaufgesuch für die RWZ frei.

Während ein Teil des Hochbunkers wie geplant weiterhin als Garage für Firmenfahrzeuge diente, wurden drei weitere Etagen für Büroräume aufgestockt und das gesamte Gebäude mit einer Glasfassade optisch aufgewertet. Der Kölner Stadtanzeiger schrieb hierzu in einem Artikel am 24.01.1987:
"Dem ehemaligen Luftschutzbunker an der Ecke Domstraße/Alteberger Straße steigen jetzt Bauarbeiter aufs Dach. Vor einigen Tagen haben sie damit begonnen, den "Schandfleck" in der City in eine ansehnliche Fassade zu verpacken. Der häßliche Betonklotz wird vollständig in ein neues Bürogebäude der Raiffeisen-Waren-Zentrale (RWZ) integriert."

In diesem nun aufgewerteten modernen Erscheinungsbild präsentiert sich bis zum heutigen Tag der ehemalige Luftschutz-Hochbunker am Breslauer Platz. Der Leser der vorhergehenden Zeilen wird jedoch durch den gewonnenen Einblick hinter die Fassade zukünftig bei einem Besuch des Kölner Hauptbahnhofes möglicherweise mehr als nur eine moderne Spiegelglasfassade erkennen.

 

Text: Christoph Lubbe
Version: 1.1 (Sep. 2020)


Quellen

Die Quellenangaben sind hinsichtlich der Schutzplatzzahl uneinheitlich.

  • - Historisches Archiv der Stadt Köln: Best. 713B; A85; A144 und A216
  • - Archiv der Raiffeisen-Waren-Zentrale (RWZ), Köln
  • - Purpus, Elke/Sellen, Günther B.: Bunker in Köln – Versuche einer Sichtbar-Machung, Bd. 1 der Schriftenreihe der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln, Essen 2006
  • - CRIFA, Baubegehungen im Rahmen des Projektes "HOCHbunker.koeln" (Köln, Jul.-Sep. 2020)

 

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