Weiterführende Ausführungen zur Geschichte
Seine ursprüngliche Zweckbestimmung als Schutzbauwerk im Krieg kann der Hochbunker in der Pützlachstraße in Flittard bis heute nicht verbergen, obwohl er großflächig mit bunten Motiven der Partnerstädte Kölns bemalt wurde. In dem beschaulichen Stadtteil Flittard, mit überwiegender Wohnbebauung, fällt das massive Betonbauwerk immer noch auf. Abb. 01_HB Pützlachstr - Flittarder Bildarchiv „Bunkerbaustelle an der Pützlachstraße um 1941/42“ – Quelle: Flittarder Bildarchiv
Im Herbst 1941 begannen in der Pützlachstraße sowie in der zwei Parallelstraßen weiter gelegenen Paulinenhofstraße die Ausschachtungsarbeiten für zwei große Hochbunker. Sie sollten der Flittarder Bevölkerung in dem nun bereits seit zwei Jahren andauernden Krieg eine sichere Zuflucht vor den vor allen in den kommenden Jahren noch intensiver werdenden Luftangriffen auf Köln geben. Nur einer der beiden Bunker wurde tatsächlich fertiggestellt. Während die Arbeiten in der Paulinenhofstraße im Bereich der heutigen Hausnummer 21 nicht über die Ausschachtung der Baugrube hinaus kamen, da die Arbeiter im April 1942 Richtung Osten abgezogen wurden, entstand in der Pützlachstraße ein beeindruckendes dreigeschossiges Schutzbauwerk. Abb. 02_HB Pützlachstr - Flittarder Bildarchiv „Der Eingang des fertiggestellten Hochbunkers im Jahre 1943“ – Quelle: Flittarder Bildarchiv
Als Architekt für den Bunker auf dem Eckgrundstück der Pützlach- und der Miltzstraße zeichnete sich Hans Schumacher aus, der mit insgesamt 7 Hochbunkern die meisten Kölner Hochbunker plante. Das L-förmige als Kubus errichtete Bauwerk mit Flachdach hatte Außenlängen von 47 m (Miltzstraße) sowie 42 m (Pützlachstraße). An der breitesten Stelle maß der Hochbunker 17,6 m. Die drei Geschosse verteilten sich über ein Kellergeschoss, ein Erdgeschoss sowie ein Obergeschoss, welches mit einer Gebäudehöhe von knapp 10 m abschloss. Für die Zu- und Abluft erhielt der Hochbunker einen massiven Kamin, der das Bauwerk noch einmal deutlich überragte. Zum Schutz vor Bombentreffern, Splittern und Druckwellen wurden die Bunkerdecke sowie die Außenwände in stahlarmiertem Beton ausgeführt. Zusätzliche Verstärkung erhielten die Außenwände im Kellergeschoß um auch der Belastung von Erddruckwellen durch Bombentreffer im unmittelbaren Erdreich Stand zu halten. Der Zugang in den Bunker erfolgte über einen Durchgangstunnel zwischen der Miltzstraße und dem Innenhof, in dem sich insgesamt sieben Zugangsschleusen befanden. Nach vollständiger Fertigstellung des Schutzbauwerkes gegen Ende des Jahres 1943, sollten offiziell etwa 1.570 Schutzplätze zur Verfügung stehen. Tatsächlich wurden die Kölner Hochbunker jedoch während der Angriffe deutlich überbelegt.
Dank Zeitzeugenaufzeichnungen, die der heutige Bürgervereins Köln-Flittard recherchierte und heute interessierten Bürgern zugänglich macht, können einige Überlieferungen der Kriegsereignisse in Flittard und rund um den Hochbunker einen Eindruck der damaligen Geschehnisse vermitteln.
So finden sich in der Flittarder Ortschronik eindrucksvolle Schilderungen des ehemaligen Rektors der Flittarder Volsschule, Wilhelm Wegener, über die dramatischen Kriegsgeschehnisse. Beispielhaft sollen hier die Ereignisse eines Angriffes im Frühjahr 1942 dargestellt werden, einem Zeitpunkt als sich der Hochbunker in der Pützlachstraße noch im Bau befand und den Anwohnern noch keine Zuflucht bot: "Angriff feindlicher Flieger in der Nacht von Freitag den 13.3. auf den Samstag. Es herrschten eine große Windbewegung und eine große Dunkelheit gegen 20 Uhr. Man folgerte allgemein, daß sie in dieser Nacht nicht kommen würden. Aber gegen 22 Uhr stellte der Rundfunk seine Sendungen ein; nun wusste jeder bescheid. Gleich darauf würde Köln rechts- und linkssrhein. angegriffen. Zahllose Leuchtschirmchen wurden abgeworfen; es war hell wie am Tage. Das Abwehrfeuer setzte äußerst stark ein. Hier in Flittard in der Pützlachstr. und im oberen Teil der Hauptstraße gingen schätzungsweise 400 Brandbomben nieder. Auf dem Bongartshof entstand ein Scheunenbrand; mehrere Dachbrände entstanden in der Pützlachstr."
Weiter hielt Rektor Wegener in seinen Aufzeichnungen fest, dass um den Bunker herum mehrere Flakstellungen eingerichtet wurden. Zum Schutz der nördlich gelegenen IG-Farben-Werke (Bayer-Werke) vor Fliegerangriffen, wurde ein Sperrring aus am Boden befestigten Ballonen errichtet, in dessen Bereich sich auch der Hochbunker befand. Es ist daher davon auszugehen, dass gezielte Angriffe auch den Stadtteil Flittard trafen. So wurden die den Hochbunker in der Pützlachstraße umgebenen Wohnhäuser bis zum Ende des Krieges auch größtenteils stark in Mitleidenschaft gezogen oder vollständig zerstört.
Hans Metzmacher vom Flittarder Bildarchiv des Flittarder Bürgervereins weiß zudem aus Überlieferungen von gezieltem Beschuss des Hochbunkers gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zu berichten. Als sich die vorrückenden amerikanischen Einheiten bei den Ford-Werken auf der gegenüberliegenden linken Rheinseite festsetzten, waren bereits alle Rheinbrücken zerstört. Einigen nationalsozialistischen Funktionären gelang jedoch noch eine Flucht über einen nahe gelegenen Rheindücker, einer unter dem Rhein durchlaufenden großen Abwasserrohrleitung, in den nahe gelegenen Hochbunker an der Pützlachstraße. Daraufhin wurde der Bunker von der linksrheinischen Seite gezielt unter Beschuss genommen. Sehen Sie hierzu auch die eindrucksvollen Schilderungen der Flittarder Zeitzeugin Frau Bornholm als Video in der Rubrik „Weiterführendes“
Nach dem Krieg wurde der Hochbunker in der Pützlachstraße, wie die meisten Kölner Hochbunker, auf Anordnung der Alliierten Militärregierung vom 21.07.1948 zwischen den Jahren 1948 und 1950 entfestigt. Hierzu wurden in mindestens 15% der Außenwände Fenster und Zugänge gesprengt. Während der Bunker anfänglich den obdachlos gewordenen Anwohnern als Notunterkunft diente, wurden später provisorisch Wohnungen in einem kleinen Teil eingerichtet, während die übrigen Räume als Lager oder zeitweise für die Pilzzucht Verwendung fanden. Bis in das Jahr 2013 probten 30 Jahre lang bis zu 35 Bands zwischen den dicken Bunkerwänden für ihre Auftritte und Künstler nutzten die Räumlichkeiten als Atelier für ihre Kunst.
Aufgrund der nach dem Krieg lange Jahre das Flittarder Stadtbild negativ beeinflussenden äußeren Erscheinung des Hochbunkers, erreichte die Stadt Köln 1985 durch Verhandlungen mit der Oberfinanzdirektion, die die Kölner HB im Eigentum des Bundes verwaltete, dass der Bunker bemalt und das Grundstück begrünt werden konnte. Die Arbeiten wurden als Stadtverschönerungsmaßnahmen im Rahmen eines Arbeitsbeschaffungsprogramms für arbeitslose Jugendliche und Erwachsene durchgeführt.
Nachdem die Stadt Köln sowie die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) als Eigentümerin des Hochbunkers Bedenken hinsichtlich der Brandschutzsicherheit geltend machten, wurden die Proberäume im Jahre 2013 geschlossen. Heute steht der Hochbunker in der Pützlachstraße, der nur noch in einigen Bereichen als Lager genutzt wird, größtenteils leer und wartet auf eine neue Zukunft.
Sie haben weitere Informationen, sind Zeitzeuge oder kennen das Objekt aus der Zeit nach dem Krieg? Dann kontaktieren Sie uns, wir sind dankbar für jede noch so kleine Information.
(c) 2020 Institut für Festungsarchitektur. Alle Rechte vorbehalten.