EINLEITUNG

Hochbunker Schnurgasse

In der Schnurgasse in Köln befand sich der einzige Hochbunker der südlichen Kölner Innenstadt. Für die Bewohner des Pantaleons- und des Severinsviertels war es der größte öffentliche Schutzraum der offiziell über ein Fassungsvermögen von knapp 1.100 Schutzplätzen verfügte, bei Luftangriffen jedoch vermutlich deutlich überbelegt wurde. Während der Bunker nach dem Krieg fast ausschließlich einem Lebensmittelgroßhandel als Lager und Firmensitz diente, wurden gleichzeitige Planungen einer Modernisierung für den Fall eines Atomkrieges erst zum Ende des Kalten Krieges endgültig verworfen. Heute dient der stark umgebaute Hochbunker an der Schnurgasse ausschließlich der Wohnnutzung und entzieht sich den Blicken durch ein vorgesetztes futuristisch anmutendes Wohngebäude nahezu vollständig.

Dokumentation Hochbunker Schnurgasse, Köln
Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln
GESCHICHTE

Bau bis 1945

Der zwischen den Jahren 1941-42 fertiggestellte Hochbunker in der Schnurgasse war mit vorgesehenen knapp 1.100 Schutzplätzen der größte öffentliche Lufschutzbunker für die Bewohner des Pantaleonsviertels und des unmittelbar angrenzenden Severinsviertels. Die tatsächliche Belegungszahl dürfte jedoch während der Angriffe, so wie bei den meisten öffentlichen Luftschutzbunkern Kölns, deutlich darüber gelegen haben. Zugleich war er der einzige Hochbunker in der südlichen Altstadt Kölns. Neben den meist provisorisch eingerichteten privaten Lufschutzkellern in einigen Wohnhäusern, standen bei Luftalarm als größere öffentliche Luftschutzbunker lediglich noch die beiden Tiefbunker am Georgsplatz und an der Ulrichgasse auf dem Gelände der heutigen Berufsschule zur Verfügung, welche jedoch ein deutlich geringeres Fassungsvermögen als der Hochbunker in der Schnurgasse aufwiesen.

ARCHITEKTUR

BAUBESCHREIBUNG

Das Luftschutzbauwerk wurde als Kubus auf einer Grundfläche von 35,4 m x 20,3 m errichtet. Aus Gründen der Tarnung und zur Integration in die umliegende Bebauung erhielt der Hochbunker ein Satteldach, welches jedoch nicht Bestandteil des eigentlichen Schutzbauwerkes war. Das dreigeschossige Bauwerk verfügte über einen Keller, ein Erdgeschoss sowie einem Obergeschoss. Zum Schutz vor Bombeneinschlägen, Druckwellen und Splittern wurden die Außenwände wie bei den meisten Kölner Hochbunkern aus 1,10 m starken stahlarmierten Betonwänden errichtet, die im Keller noch einmal aufgrund höherer Drucklasten bei Erdverschiebungen auf 1,80 m verstärkt wurden. Die Deckenstärke betrug 1,40m. Zur schnellen Belegung verfügte der Hochbunker auf der nord-westlichen Seite in Richtung Schnurgasse über sechs Zugangsschleusen. Jeweils drei Schleusen befanden sich an den äußeren Enden des Bauwerkes und wurden zusätzlich mit einem vorgelagerten Splitterschutzbauwerk geschützt.

Über die Zeit während des Zweiten Weltkrieges und der Belegung durch Anwohner des Pantaleons- und des Severinsviertels während der Angriffe ist bisher wenig bekannt. Aus Dokumenten der Nachkriegszeit ist jedoch überliefert, dass ein ca. 9m langes Teilstück des aufgesetzten Tarndaches durch Kriegseinwirkungen völlig zerstört wurde und das Dach daher 1954 zum Schutz vor Witterungseinflüssen notdürftig repariert werden musste.

FRIEDENSZEIT

Nachkriegsnutzung

Wie bei den meisten Kölner Hochbunkern fand nach dem Zweiten Weltkrieg auf Anordnung der Alliierten Militärregierung vom 21.07.1948 die Entfestigung des Hochbunkers in der Schnurgasse statt. Die für das Einbringen der Fensteröffnungen in den 1,10 m starken Außenwänden durchgeführten Sprengungen waren so massiv, dass bei einer späteren baulichen Begutachtung festgestellt wurde, dass diese in allen Geschoßdecken in einem Abstand von 5 m durchgehende Risse verursacht hatten. In Teilen des Kellers hatte sich die Decke zudem von der Außenwand abgesetzt. Zusätzlich wurden die ursprünglichen Raumaufteilungen im Inneren durch das Herausbrechen von Wänden verändert. Bereits Ende der 1940er Jahre, kurz nach der Entfestigung, mietete die Lebensmittelgroßhandlung Clemens Bomm den Hochbunker als Lager und Firmensitz an. Unter dem Dach wurden zeitweilig Wohnungen eingerichtet. Das Mietverhältnis zwischen der Stadt Köln und der Firma Bomm bestand über 50 Jahre bis etwa Anfang der 1990er Jahre. Obwohl der Bund Eigentümer des Bunkers war, konnte die Stadt Köln als verwaltende Stelle wirtschaftliche Einnahmen generieren.

Dokumentation Hochbunker Schnurgasse, Köln

Bereits früh und fast über den gesamten Zeitraum der Anmietung versuchte die Firma Bomm unablässig den Hochbunker käuflich zu erwerben. Doch der einsetzende Kalte Krieg und die damit verbundenen Planungen des Bundes den Hochbunker gegebenenfalls für einen befürchteten neuen Krieg als öffentlichen Schutzraum wieder instand setzen zu lassen, verhinderten alle diesbezüglichen Anstrengungen des Lebensmittelgroßhändlers. Sogar im Mietvertrag spielten die Befürchtungen im Kalten Krieg eine Rolle. In einem extra vorgesehenen Passus, verpflichtete sich die Mieter den Hochbunker bei einem Kriegsausbruch unverzüglich als Schutzraum zur Verfügung zu stellen.

Im Gegensatz zum Bund aber auch dem Landesinnenministerium, bewertete die Stadt Köln ab Ende der 1950er Jahren die Eignung des Hochbunkers in der Schnurgasse für eine Instandsetzung nach den Anforderungen eines zukünftigen ggf. atomar geführten Krieges zunächst als gering ein. Daher hatte sie den Bunker auch nicht wie einige andere in das sogenannte „Sofortprogramm“ aufgenommen, in dem vorerst die Zugänglichkeit und rudimentäre Grundfunktionen (Strom, Licht, Türen etc.) der Schutzbauwerke wiederhergestellt werden sollten. Begründet hatte die Stadt Köln diese Entscheidung mit dem hohen Entfestigungsgrad des Bunkers und einer zunächst geplanten Evakuierung des Innenstadtbereiches im Falle eines erneuten Krieges, wodurch die Notwendigkeit eines modernisierten Schutzbauwerkes obsolet geworden wäre (vgl. hierzu auch die Nachkriegsgeschichte des Hochbunkers an der Siegburger Straße in Poll). Diese Auffassung wurde jedoch durch die der Stadt Köln in Fragen des Luftschutzes übergeordneten Bezirksregierung nicht geteilt, die eine zukünftige Nutzung als Zivilschutzbunker trotz möglicherweise erheblicher Instandsetzungskosten als sinnvoll und gegeben sah.

Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln

In den darauffolgenden Jahren änderte die Stadt Köln jedoch ihre bisherige Einschätzung zur Instandsetzungswürdigkeit des Hochbunkers Schnurgasse aber auch anderer im Eigentum des Bundes befindlicher Hochbunker vollständig und befürwortete fortan im Einvernehmen mit den ihr übergeordneten Behörden die Aufnahme des Hochbunkers Schnurgasse in das sogenannte „Vorabprogramm“ einer Instandsetzung. Die Kaufabsichten der Lebensmittelfirma Bomm für den Hochbunker hatten daher auf Jahre keine Aussicht mehr auf Erfolg. In einem 1978 durch die Stadt Köln erstellten luftschutztaktischen Gutachtens beschreibt sie die Eignung des Hochbunkers in der Schnurgasse für eine Instandsetzung wie folgt:

„Obwohl der Bunker als öffentlicher Schutzraumbau im Verteidigungsfall in der Hauptsache den am Verkehr teilnehmenden Personen, die keinen privaten Schutzraum erreichen können, Schutz bieten soll, kann die hohe Einwohnerdichte nicht außer Acht gelassen werden. Da derzeit keine Pflicht zur Errichtung privater Schutzräume bei Neubauten besteht und in den vorhandenen Wohngebäuden vermutlich kein einziger privater Schutzraum vorhanden ist, werden die Bewohner des betroffenen Viertels im Ernstfall mit Sicherheizt in dem einzigen vorhandenen öffentlichen Bunker Schutz suchen"

Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln

Für die Instandsetzung plante die Stadt Köln über Jahre mit zahlreichen verschiedenen Varianten, die sich alle im Gesamtaufwand der Umbaumaßnahme und damit in der Anzahl der neu zu schaffenden Schutzplatzzahlen und den dafür voraussichtlichen Kosten unterschieden. Letztendlich beantragte die Stadt Köln erst am 09.06.1987 beim Bundesinnenministerium die Instandsetzung des Hochbunkers Schnurgasse für 1.100 Schutzplätze mit einem Kostenumfang von ca. 1 Mio DM. Da das Bundesinnenministerium jedoch die Haushaltsmittel hierfür erst für die Haushaltsjahre 1990 und 91 in Aussicht stellte, wurden die Instandsetzungsplanungen durch die Geschichte überholt und nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr realisiert. 1994 nach Aufhebung der Zivilschutzbindung verkaufte der Bund den Bunker schließlich an einen Privatinvestor. Ob die Lebensmittelfirma Bomm zu diesem Zeitpunkt nach über 50-jährigen Bemühungen noch Interesse an einem Kauf hatte ist nicht bekannt

In den Folgejahren wurde das Schutzbauwerk daraufhin aufwendig und vollständig zu Wohnraum umgebaut. Heute ist von dem Hochbunker in der Schnurgasse auf den ersten Blick nichts mehr zu sehen. Zur Straßenseite hin wurde dem ehemaligen Hochbunker ein futuristisch anmutendes Wohnhaus vorgesetzt.

Quellen

  • Purpus, Elke/Sellen, Günther B.: Bunker in Köln – Versuche einer Sichtbar-Machung, Bd. 1 der Schriftenreihe der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln, Essen 2006.
  • Historisches Archiv der Stadt Köln: Best. 713B; A25.
  • Textvorlage Christoph Lubbe
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