EINLEITUNG

Hochbunker Siegburger Straße

Der einzige Hochbunker im Stadtteil Poll ist heute als solcher nur noch schwer zu erkennen. 2010 wurde der 1943 fertiggestellte Weltkriegsbunker umfangreich zu modernem Wohnraum umgebaut. Während der Hochbunker im Krieg über 1.000 Menschen Schutz bot, bietet er heute Raum für 16 Wohneinheiten. Vor seinem Umbau fiel der Bunker an der Siegburger Straße durch seine Größe und sein scheunenartiges Äußeres auf. Als Nachnutzung nach dem Zweiten Weltkrieg dominierte meist das Gewerbe, wo bei es nur relativ wenige Nutzungswechsel gab. An der Planung einer Umrüstung für die erneute Nutzung als Schutzraum im Kalten Krieg wurde durch die Stadt Köln ergebnislos bis nach der Wende festgehalten, obwohl kurzfristig sogar die gesamte Räumung des Poller Stadtgebietes eine Option war.

Dokumentation Hochbunker Siegburger Straße, Köln
Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln
GESCHICHTE

Bau bis 1945

Die Bürger des Kölner Stadtteils Poll verfügten im Zweiten Weltkrieg neben den üblichen privaten, teils provisorisch errichteten Luftschutzkellern und sonstigen behelfsmäßig errichteten Luftschutzbauten über zwei größere öffentliche Luftschutzbunker. Neben einem Tiefbunker in der Rolshover Straße am Katholischen Jugendheim, konnte die Poller Bevölkerung zudem bei Luftangriffen einen Hochbunker an der heutigen Siegburger Straße 453 nutzen. Die vorgesehenen 1.040 Schutzplätze dürften wie bei fast allen Kölner Hochbunkern während der Angriffe jedoch deutlich überbelegt worden sein.

ARCHITEKTUR

BAUBESCHREIBUNG

Der im Jahre 1943 fertiggestellte Luftschutzbau wurde auf einer Grundfläche von 60,45 m x 18,40 m als langgestreckter Kubus errichtet und verfügte lediglich über ein Keller- und ein Erdgeschoss. Aus Gründen der Tarnung erhielt der Hochbunker an der Siegburger Straße über dem Erdgeschoss ein Satteldach, welches dem Bauwerk ein scheunenartiges Äußeres verlieh. Das Satteldach wurde im Krieg vollständig zerstört und erst 1977 wiederhergestellt. Den drei Schleusenzugängen wurde jeweils ein Splitterschutzbauwerk vorgesetzt. Zwei Zugänge befanden sich an der Längsseite zur Straße „Im Forst“, ein Zugang auf der gegenüberliegenden rückwärtigen Gebäudeseite. Anders als bei den meisten übrigen Kölner Hochbunkern, erhielt der Hochbunker an der Siegburger Straße stärkere Außenwände und eine massivere Decke. Die Außenwände wurden zum Schutz gegen Waffeneinwirkungen aus stahlarmiertem Beton in einer Stärke von 1,90 m und unter Erdgleiche zum zusätzlichen Schutz vor erhöhten Erddrucklasten sogar in einer Stärke von 2,90 m ausgeführt. Die abschließende Decke über dem Erdgeschoß erhielt eine Stärke von ca. 2,50 m.

FRIEDENSZEIT

Nachkriegsnutzung

Die bei den meisten Kölner Hochbunkern nach dem Zweiten Weltkrieg auf Anordnung der Alliierten Militärregierung vom 21.07.1948 durchzuführende Entfestigung durch das Einsprengen von Wandöffnungen, fand bei dem Hochbunker an der Siegburger Straße vermutlich bereits im Jahre 1949 statt. Letzte Pläne für die Entfestigung sind für April 1949 belegt und bereits für das selbe Jahr ist die Nachnutzung des Hochbunkers als Lager- und Verkaufsraum einer Küchengerätegroßhandlung dokumentiert. Die „Großhandlung für Heiz- Koch- und Kühlgeräte – Richard Lammenett“ nutze den Hochbunker fortan für 20 Jahre.

Auch für den Hochbunker an der Siegburger Straße spielte der Kalte Krieg bei einer möglichen Nachnutzung als modernisierter Schutzraum für zukünftige nicht auszuschließende Kriege einer Rolle. Der Hochbunker wurde jedoch nach dem Krieg weder in das sogenannte „Sofortprogramm“ (Wiederherstellung der Zugänglichkeit, Strom, Licht, Türen etc.), noch in das „Vorabprogramm“ zur Instandsetzung (Umbau zu einem modernen Schutzraum) aufgenommen. In einem bemerkenswerten Schreiben der Stadt Köln aus dem Jahre 1962 wird die Nicht-Aufnahme des Hochunkers an der Siegburger Straße in eines der Wiederherrichtungsprogramme wie folgt begründet: "Bei den bisherigen Planungen ist der Bunker mit voller Absicht unberücksichtigt geblieben, weil er in unmittelbarer Nähe eines besonders gefährdeten Objektes liegt, so daß mit der Evakuierung dieses Gebietes gerechnet werden muss." Um welches Objekt es sich dabei handelte wird nicht näher erläutert. Womöglich sah man die Südbrücke oder die Rodenkirchener Brücke als besonders gefährdete Objekte an, wobei diese genau genommen nicht in unmittelbarer Nähe des Bunkers liegen. Weitere Gründe gegen eine Instandsetzung des Hochbunkers wurden durch die Stadt Köln mit dem relativ geringen Fassungsvermögen und der bereits vorgenommenen Entfestigung genannt. Im Rahmen der Entfestigung wurden 20 Festeröffnungen in die Außenwände und die Schleusenvorbauten eingesprengt.

Doch ähnlich wie bei dem Hochbunker in der Schnurgasse verwarfen die Bevölkerungsschutzplaner der Stadt Köln die Evakuierungspläne wieder und hielten fortan an Planungen für eine spätere Instandsetzung des Hochbunkers zu einem modernisierten Schutzraum fest. Da insbesondere der Keller des Bunkers durch die vorgenommenen Entfestigungen kaum berührt wurde und in seinem Schutzumfang erhalten geblieben war, konzentrierten sich die Instandsetzungsplanungen auf diesen Bereich. Dies führte dazu, dass der Mietvertrag für die Mieter des Hochbunkers an der Siegburger Straße unter „§23 Sonstige Vereinbarungen“ folgenden interessanten Passus beinhaltete:
„Der Mieter hat den Kellerraum des Hochbunkers in einem seiner Bestimmung entsprechenden Zustand zu erhalten und bei Gefahr eines Angriffs, den Personen, für die der Schutzraum bestimmt ist, jederzeit Zutritt zu ermöglichen."

Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln
Dokumentation Hochbunker Pützlachstraße, Köln

Auch wenn der Bunker noch immer nicht einer Instandsetzung unterzogen wurde, trug ab den 1970er Jahren bis in die 1990er Jahre als neuer Mieter des Hochbunkers ein Großhandel für Zoo-Bedarf diese besondere Verantwortung. Erst 1994 wurde der Hochbunker an der Siegburger Straße durch einen Erlass des Bundesinnenministeriums endgültig aus der Zivilschutzbindung entlassen, wodurch bauliche Maßnahmen möglich waren, die auch den Schutzumfang beeinflussen durften. Nach einer zwischenzeitlichen Nutzung des Bunkers durch die Neuapostolische Kirche, wurde der Hochbunker schließlich ab ca. 2008 bis 2010 komplett umgebaut und bietet nun modernen Wohnraum mit 16 Wohneinheiten. Die einstige Funktion des Bauwerkes als Bunkeranlage ist nur noch bei genauerem Hinschauen an den großen Laibungstiefen der Fenster erkennbar.

 

Text: Christoph Lubbe
Version: 1.1 (Sep. 2020)


Quellen

Das gesamte Literatur- und Quellenverzeichnis für unsere Online-Dokumentationen finden Sie auf unserer Quellenseite.
KONTAKT

Kommen Sie ins Gespräch!

Sie haben weitere Informationen, sind Zeitzeuge oder kennen das Objekt aus der Zeit nach dem Krieg? Dann kontaktieren Sie uns, wir sind dankbar für jede noch so kleine Information.

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen.